Aktuelle Projekte
Institut für Theologie und Gesellschaft
Gesellschaftliche Veränderungsdynamiken und Öffentliche Theologie
Das Diskursformat einer kritischen Öffentlichen Theologie hat zum Ziel, auf sich im beständigen Wandel befindliche Öffentlichkeiten zu reagieren. Im Dialog mit gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure und Kooperationspartnerinnen und partner gilt es, die Bedeutung christlicher, aber auch anderer religiöser Traditionen für plurale Gesellschaften und ihre Herausforderungen zu erschließen. Die grundsätzliche sozialethische Bedeutung von Religion in ihren verschiedenen Erscheinungsformen im öffentlichen Raum eröffnet die Möglichkeit, in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft den pluralitätskompetenten Umgang mit religiöser Diversität zu fördern und die Wirkungen religiöser Traditionen in die Öffentlichkeit der Gesellschaft hineinzureflektieren. Mit diesem interdisziplinären Forschungsansatz will das Institut für Theologie und Gesellschaft im Diskurs mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen stehen, um gesellschaftliche Phänomene analysieren und aus ethisch-theologischer Perspektive auf Fragen der Gerechtigkeit und Solidarität antworten zu können. Intersektionale Themen zur weltweiten Ökumene, zum Globalen Lernen, zu Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit, zu Migration und postkolonialen Fragestellungen, zur Werte- und Demokratiebildung sowie zur religiösen Bildung in pluralen Gesellschaften werden dabei profiliert, in Forschungsprojekten weiterentwickelt und für Bildungsprozesse fruchtbar gemacht.
Projektleitung: Prof. Dr. Kathrin Winkler
Alternde Gesellschaft und sozialer Wandel
Gerontologische Themen nehmen in aktuellen gesellschaftlichen Debatten einen wichtigen Stellenwert ein. Mit der demographischen Entwicklung sind Veränderungen und Herausforderungen für alle Altersgruppen verbunden. Dabei stehen nicht nur Fragen von Pflege- und Versorgungsbedarfen, sondern auch Themen wie sozialer Teilhabe, Ressourcenverteilung, Intergenerationenbeziehungen etc. auf der Tagesordnung. Dies gilt es wissenschaftlich zu beleuchten, um Handlungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume ethisch reflektiert aufzeigen zu können. Dies geschieht im Rahmen wissenschaftlicher Projekte, Publikation aktueller Fragestellungen sowie der Anregung neuer Diskurse in unterschiedlichen Formaten.
Projektleitung: Prof. Dr. Christine Brendebach
Politische Bildung in der Sozialen Arbeit
Politische Bildung im Sinne von Demokratieförderung, Extremismusprävention und Menschenrechtsarbeit wird in der Sozialen Arbeit zunehmend als Aufgabenstellung wahrgenommen. Neben der unklaren theoretischen und konzeptionellen Verankerung politischer Bildung in der Praxis der Sozialen Arbeit fehlt aber bislang insbesondere eine fachdidaktische Kontextualisierung des Themas in der disziplinären Debatte. Zwar liegt mit der "Fachdidaktik Soziale Arbeit” eine erste systematische Annäherung an fachdidaktische Fragen vor, auf die politische Bildung als Lehrgegenstand wird bislang jedoch kein Bezug genommen. Hinzu kommt, dass unklar ist, inwieweit Themen bezüglich der politischen Bildung überhaupt in den Studiengängen der Sozialen Arbeit verankert sind. Um diese Forschungslücke zu schließen, wurde im Sommersemester 2023 eine Analyse von Modulhandbüchern der BA- und MA-Studiengänge Soziale Arbeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Die Ergebnisse sind ausgewertet und für einen Beitrag in der Zeitschrift für Sozialpädagogik eingereicht.
Projektleitung: Prof. Dr. Martin Nugel
Armut/Ungleichheit und Bildungs(un)gerechtigkeit
Das Thema Bildung ist nicht nur für eine Hochschule von quasi naturwüchsigem Interesse; aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive heraus ist es dann vor allem der Aspekt der Ungleichheit in den Bildungschancen sowie den Ungerechtigkeiten, die sich hieraus ergeben (können), die im Forschungsfokus stehen. Bildung wird in den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskursen als eine Art Königsweg der Bekämpfung sozialer und gesellschaftlicher Probleme gesehen. Gleichzeitig wissen wir, dass sich im Erwerb und den Erwerbsmöglichkeiten von Bildung diese Probleme bereits gleichermaßen manifestieren. Eine für Studierende der Sozialen Arbeit, der Kindheitspädagogik sowie ähnlicher Studiengänge konzipierte Monografie zur „Einführung in die Bildungssoziologie“, die aktuell im Entstehen ist, befasst sich dezidiert mit derartigen Ungleichheiten und den Auswirkungen, die etwa Armuts- und/oder Ungleichheitslagen auf die Bildungsmöglichkeiten von Menschen haben.
Projektleitung: Prof. Dr. Michael Bayer
Familiengründung mit reproduktionsmedizinischer Assistenz
Als Louise Joy Brown 1978 als erstes Baby nach erfolgreicher In-Vitro-Fertilisation in England geboren wurde, ist dieses Ereignis nicht nur als große medizinische Sensation gefeiert worden. Ihre Zeugungsgeschichte und Geburt standen in großem öffentlichem Interesse und wurden von vielfältigen Bedenken, moralischen Einwänden und Anfeindungen begleitet. Der natürlichen Zeugung eines Kindes wird zum Teil bis in die heutige Zeit die künstliche Befruchtung als ein pathologisches und „widerwärtiges“ Verfahren entgegengestellt (vgl. die im Rahmen der „Dresdner Reden“ von Sibylle Lewitscharoff 2014 formulierten Äußerungen). Die modernen reproduktionsmedizinischen Entwicklungen wirken sich auf viele Ebenen der Gesellschaft aus und berühren existentielle Fragestellungen des Mensch-Seins. Gerade im Kontext reproduktionstechnischer Verfahren werden zentrale Fragen des Lebensbeginns, des Lebensschutzes und der Lebensqualität zum Thema und eine interdisziplinäre und umfassende Auseinandersetzung ist unumgänglich. Auch wenn die großen Vorbehalte gegenüber der Erzeugung von „Retortenbabys“ von damals heute deutlich abgeschwächt und inzwischen einer eher Anteil nehmenden Haltung am Leid eines unerfüllten Kinderwunsches gewichen sind, bleibt es erforderlich die Entwicklungen der modernen Reproduktionstechnologien vorausschauend und mit kritischem Blick zu begleiten. Neben der Klärung ethischer und rechtlicher Perspektiven sind dabei auch die reziproken Entwicklungen hinsichtlich der Veränderungen in der gesellschaftlichen Deutung von Gesundheit und Krankheit, Körperlichkeit und Leiblichkeit, Elternschaft und Familie in den Blick zu nehmen. Inzwischen wurden in Deutschland mehr als 340.000 Kinder nach dem Einsatz von IVF und ICSI geboren, weshalb auch zu fragen ist, mit welchen Herausforderungen Frauen und Männer beim Übergang zur Elternschaft im Kontext der Reproduktionsmedizin konfrontiert sind. Aktuell wird im Rahmen des KompKi-Projektes auf Basis umfassender quantitativer und ergänzender qualitativer Erhebungen ein inhaltliches Konzept für die Errichtung eines anvisierten bundesweit agierenden Kompetenzzentrums Kinderwunsch entwickelt. Das Projekt „KompKi“ wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert und trägt dazu bei, den Herausforderungen rund um das Thema „unerfüllter Kinderwunsch“ zukunftsorientiert begegnen zu können.
Projektleitung: Prof. Dr. Birgit Mayer-Lewis
Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekt: Das bin ich. Meine Kita ist bunt. - Geschlechtliche Vielfalt sehen und unterstützen
Kindliche Entwicklungsprozesse zeichnen sich durch Vielfalt und Heterogenität aus. Vielfältigkeit und Mehrdeutigkeit sind darum auch Bestandteile menschlicher Geschlechtsentwicklung. Dies macht eine diversitätsbewusste Frühpädagogik (Gramelt 2020) notwendig, die sensibel und individuell auf das einzelne Kind responsiv reagiert. Bereits sehr früh können Kinder überzeugt sein, dass das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht nicht mit den individuellen Gefühlen und subjektiven Wahrnehmung kompatibel ist. Geschlechtlichkeit und geschlechtliche Identität nehmen eine wichtige Rolle sowohl in der Entwicklung sowie in der Lebenswelt von Kindern ein. Um Kinder bestmöglich zu unterstützen ist es wichtig vielfältige Erfahrungswelten und -schätze wahrzunehmen und wertzuschätzen. Dazu ist es notwendig sensibel zu sein, auch für strukturelle Diskriminierungserfahrungen, die Kinder schon früh in Gesellschaft, Familie oder pädagogischer Einrichtung machen. Im Fokus stehen eine vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung. Dazu gehört eine kritische und reflektierte Auseinandersetzung mit Materialien und Methoden der Kita.
Das Projekt legt in der Betrachtung der Systeme des Kindes den Fokus auf das Kind und die es begleitenden Erwachsenen, sowohl Eltern als auch pädagogische Fachkräfte. Um eine vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung zu ermöglichen, stellen sich folgende Fragestellungen:
- Wie nehmen Kinder die Entwicklung ihrer geschlechtlichen Identität wahr?
- Fühlen sich Kinder von erwachsenen Erziehungspartnern in ihrem Empfinden und Erleben akzeptiert und unterstützt?
- Welche Rolle spielt die Entwicklung der geschlechtlichen Identität im Rahmen der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft aus Sicht der Eltern?
- Wie beschreiben Eltern Möglichkeiten der Rollenübernahme und Rollenflexibilität ihrer Kinder innerhalb pädagogischer Prozesse in der Einrichtung?
- Wie und in welchen Formen ist in der täglichen Kita-Arbeit gewährleistet, dass Kinder vorurteilsfrei und heterogen wahrgenommen und begleitet werden?
- Wie sollten dahinterstehende Strukturen aus Sicht der Fachkraft aussehen?
- Welche Haltung haben Fachkräfte zu Diversität und pädagogischer Handlungsprozesse, und welchen Einfluss haben biographische Aspekte?
Projektleitung: Prof. Dr. Tanja Brandl-Götz
Forschungsschwerpunkte von „Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit“
Nachhaltigkeit ist ein gesellschaftlicher Grundprozess mit hoher Relevanz. Sicher werden die Themen Nachhaltigkeit, CO2 Reduktion und Klimagerechtigkeit bzw. -verantwortung in den kommenden Jahren an Bedeutung nicht verlieren.
Die Evangelische Hochschule Nürnberg ist Mitglied im Netzwerk BayZeN (Zentrum Hochschule und Nachhaltigkeit Bayern). Richard Pilhofer ist ein Delegierter bei diesem Netzwerk und so können die erzielten Ergebnisse nahtlos in das Institut für Theologie und Gesellschaft Eingang finden. Das Format Studium Generale und hier im speziellen die verpflichtende Einführungsveranstaltung „Zukunft gestalten – Bildung für nachhaltige Entwicklung“ bietet enormes Potential die oben erwähnten Themen aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln zu betrachten. Dieses Modul wurde so konzipiert, dass sowohl inhaltliche Schwerpunkte gelehrt werden als auch die Studierenden Beiträge zur Vorlesung leisten. Dies zu begleiten und beständig an aktuellen Themen anzupassen, stellt einen weiteren Schwerpunkt der Forschungsaktivitäten dar.
Zudem wird an der EVHN ein „Integriertes Klimaschutzkonzept“ erstellt. Wichtig wird sein, dass eine ausgewogene Balance zwischen Theorie und Praxis hergestellt wird, damit entsprechende Maßnahmen zum Klimaschutz umgesetzt werden.
Projektleitung: Richard Pilhofer M.A.
Medizinische Kommunikation in Zeiten gesellschaftlicher Überinformation
Die COVID-19-Pandemie hat aufgezeigt, wie schnelllebig und kurzfristig komplexe medizinische, wie gesellschaftsrelevante Information in Medien, Bevölkerung und Fachkreisen aufgenommen, verarbeitet und auch (falsch) wiedergegeben werden kann. Der Pandemie folgte eine Infodemie mit einer Fülle an nicht evidenz-basierten Informationen für Laien wie Experten. In Zeiten sozialer Medien und schnell verfügbarer Informationen mit unklaren Qualitätsgrad ist eine umfassende Bildung und Umgang mit wissenschaftlicher Information unerlässlich geworden. Im Hochschul- wie im Forschungskontext müssen gesellschaftlich nachhaltige und persönlich wertneutrale Muster von Qualitätsbewertung wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Güte erzeugt werden, die vor Fehlinformationen, Populismus und (zu) einfachen und oft missbräuchlichen Wahrheiten schützen. Implikationen ergeben sich für den Hochschulkontext in mehrfacher Hinsicht:
- Kritisches Lesen und Arbeiten in der Wissenschaft als Kerndisziplin
- Evidenz-basiertes praktisches wie akademisches Handeln
- Schutz vor Fehl- und Überinformation besonders vulnerabler Gruppen
Der Schutz vor Fehl- und Überinformation vulnerabler Gruppen zeigt sich auch im Sinne einer quartären Prävention innerhalb der Medizin, bei der es durch Fehlkommunikation zur Fehl- oder Überverordnung an Medikationen oder Interventionen handelt. Mit aktuellen Forschungs- und Lehrarbeiten soll dieses Thema als Bezugsdisziplin zu relevanten Fragestellungen beteiligt werden.
Aktuelle Dissertationen in Kooperation der der FAU Erlangen-Nürnberg beschäftigen sich zudem mit der palliativen Versorgung von Patientinnen und Patienten im hausärztlichen Setting, der Vermittlung defensiver Medizin aus juristischer Perspektive, sowie der Wahrnehmung von Arzt-Patienten-Gesprächen in verschiedenen Settings.
Projektleitung: Prof. Dr. Piet van der Keylen