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Ethnografische Forschungsmethoden in der Sozialstaatsforschung
Im Wahlfach „Forschungswerkstatt empirische Sozialforschung“ hielt Dr. Hadrien Clouet am 13.11.2019 einen Vortrag über seine Dissertation. Er arbeitete fast sechs Jahre an seiner Vergleichsstudie zur Vermittlung in Teilzeitarbeit in der deutschen und französischen Arbeitsvermittlung. Er nahm dafür an 320 Gesprächen von Beraterinnen und Beratern mit Arbeitssuchenden teil, führte selbst Interviews mit beiden Personengruppen und ging den Anfängen der Arbeitsverwaltung in Archiven der beiden Länder auf die Spur.
Die ethnografische Forschung von Dr. Hadrien Clouet untersuchte, wie sich die Vermittlung von Arbeitslosen in Teilzeitstellen gestaltet.
Andre Melzl, Bachelorstudiengang Gesundheits- und Pflegepädagogik, 1. Semester, schildert seine Eindrücke: „Mit Zettel und Stift begleitete Dr. Hadrien Clouet die Beraterinnen und Berater in ihrem Arbeitsalltag und notierte alles, was er beobachten konnte. Das Auswerten der umfangreichen gewonnenen Daten nahm die meiste Zeit in Anspruch. Zeitweise zweifelte er an seiner Forschung, er hatte das Gefühl sie würde zu keinem ordentlichen Ergebnis führen.“ Denn obwohl die Beraterinnen und Berater sowie die Arbeitslosen Teilzeitangeboten kritisch gegenüberstanden und Arbeitslose vor allem Vollzeitstellen nachfragten, wurden die meisten beobachteten Fälle – insbesondere in Deutschland – in Teilzeitbeschäftigungen vermittelt. Doch als Dr. Clouet den Blick darauf richtete, wie in der Arbeitsvermittlung die Personenprofile der Arbeitslosen erfasst wurden, verstand er den Zusammenhang: Die Gestaltung der Eingabemöglichkeiten in der Software – insbesondere in Deutschland – befördert, dass Arbeitslose dem Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung zugeordnet werden und dann insbesondere solche Stellenangebote erhalten. Zudem sprachen Beraterinnen und Berater häufig nicht rück, ob sich die Arbeitslosen eher einer Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung zuordnen würden, wenn ihr geäußerter Arbeitszeitwunsch so nicht in der Software erfasst werden konnte.
„Selbst konnte ich aus dem Vortrag mitnehmen,“ so Andre Melzl, „dass Rückschläge kein Grund zum Aufgeben sind. Sie zeigen, dass es eine andere Sichtweise fordert. Eine allgemeingültige Lösung gibt es selten – eher eine Richtungsvorgabe. Weiter wurde mir deutlich, dass eine gründliche Archivarbeit essenziell ist, um Abhängigkeiten und Verläufe deutlich zu machen.“
Text: Andre Melzl, Prof. Dr. Carolin Freier